#303 vom 15.07.2002
Rubrik Neu erschienen
Ahmed Adnan Saygun "Symphonies No. 1 & 2"
Klassik – Die Entdeckung: Neoklassizismus aus der Türkei
(CD; cpo)
Selbst dem versiertesten Klassikfreund wird es wohl schwer fallen, wenn es darum geht, Komponisten klassischer Werke aus der Türkei zu benennen. Doch auch wenn es nicht in unser Klischee des musikalischen Orients passt, es gibt sie und einer ihrer wichtigsten Vertreter ist Ahmed Adnan Saygun (1907-1991).
Gefördert vom jungen türkischen Staat unter Atatürk, studierte Saygun drei Jahre in Paris und geriet unter den Einfluss der Neoklassizisten um Vincent d'Indy. Schon während dieser Zeit und noch deutlicher nach seiner Rückkehr in die Heimat experimentierte Saygun mit den Formen traditioneller türkischer Musik und versuchte in einer Symbiose westlicher und orientalischer Musiken eine spezifisch türkische klassische Musik zu prägen, ganz im Sinne der modernen Türkei als Tor zwischen zwei Welten zu fungieren. Eine mit Bela Bartok unternommene Feldstudie der türkischen Volksmusiken bestärkte ihn, seiner Musik einen dezenten und dennoch dezidiert türkischen Charakter zu geben. Die westliche Form und Instrumentierung wurde mit der freischwebenden, oszillierenden Rhythmik der orientalischen Musikkultur verflochten. Das Ergebnis ist so individuell, wie reizvoll, weil es von der neoklassizistischen Norm abweicht.
Der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter Ari Rasilainen hätte man mehr Mut zum Orientalischen gegönnt, dennoch ist das vorliegende Album eine hochinteressante Neuerscheinung und Neuentdeckung. [sal: @@@]
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a109214