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[ << | Inhalt ]Ausgabe #317 vom 28.10.2002
Rubrik Live - Musik spüren

Ray Davies live in Cardiff (14.10.2002) und Bournemouth (16.10.2002)

Er kann es also noch. Am Können hat eigentlich kaum jemand gezweifelt, aber nach sieben Jahren akustischer Show, meist im Sitzen und gespickt mit vielen Erzählungen von dunnemals, konnte man daran zweifeln, ob er noch mal so über die Bühne fegen würde. Ray Davies ist aber wieder auf Tour und das sogar mit Band, wie sein kleiner Bruder Dave.
Während die Konzerte des kleinen Bruders purer Rock'n'Roll sind, spielt Ray zu Beginn alleine die akustische Gitarre, in bestuhlten Hallen, und macht eine lange Pause. Diese Pause war vor allem in der wenig gefüllten Windsor Hall in Bournemouth, mit Abstrichen auch in der schönen St. David's Hall in Cardiff, der Totengräber der sowieso nicht gerade euphorischen Stimmung. Spielte Ray Davies doch vor der mehr als 20-minütigen Unterbrechung jeweils vier neue Songs, die das Publikum gar nicht hören wollte. Es ging dann in die zweite Hälfte mit wenig Erwartung.
Allerdings: Ein Teil der fünf neuen Stücke ist großartig. Vor allem "The Morning After" wird mit einem furiosen Intro eingeleitet und steigert sich dann noch zu ungeahnten Höhen: Rock'n'Roll in Vollendung und up-to-date im besten Sinne. Die Band mit jüngeren Musikern ist offenbar ein Jungbrunnen für Davies, der mit seinen 58 Jahren über die Bühne tanzt wie zu alten Kinks-Zeiten und bei seinem Anti-Comedy Song "That's That (Stand Up Comic)" wieder schauspielerisches Talent und seine unnachahmlichen Grimassen zeigt.
Die zumeist älteren Zuhörer hingegen schienen sich nicht um die neuen Songs zu kümmern, in Cardiff verließen einige die Halle und im Seebad Bournemouth herrschte die Stimmung eines Kurkonzertes, die nur bei einigen der alten Sing-Alongs durchbrochen wurde ("Dedicated Follower Of Fashion", "Sunny Afternoon"). Wie in Cardiff stürmten dann einige zur unvermeidlichen "Lola" als zweiter Zugabe an die Bühne. So muss Davies wohl weiterhin eine Mischung aus alten ("You Really Got Me", "Dead End Street") und neuen Stücken bringen, um sein Publikum zu halten. Die Band begleitet ihn dabei gut, keineswegs dezent wie ihre Platzierung im Hintergrund erwarten lassen würde. Sie und vor allem das Gitarrenspiel des großartigen Mark Johns machen auch Songs wieder erträglich, die man gar nicht mehr hören mag (z.B. "Low Budget"). Nebenbei entdeckt Davies noch eigene alte Songs wieder und spielt "No Return" und "This Is Where I Belong" wie Bebel Gilberto bzw. Ron Sexsmith auf dem Anfang dieses Jahres erschienenen Tribute-Album. Allerdings fehlen mir die Harmonie-Gesänge von Dave Davies. Das fällt besonders auf, wenn die Songs sich fast so anhören wie zu Zeiten der Kinks und das tun sie mit Band dann doch recht oft.
Das Publikum war in Cardiff und Bournemouth schläfrig, woanders soll es viel besser gewesen sein. Die Tour ist davon überschattet, dass Ray Davies es nicht zu einem Studio-Album bringt. Vielleicht rappelt er sich noch auf, bringt das Album heraus (die Songs lassen ein gutes Produkt erwarten) und bereist dann mal wieder Europa. Er kann es wirklich immer noch. [hb]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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