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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #511 vom 20.11.2006
Rubrik Tipp der Woche

The Beatles "Love"

Pop – Prickelndes Remix-Album der einflussreichsten Band des Pop
(CD, CD+DVD; Apple/EMI)

Dass ich nach dem Ende der Beatles am 10. April 1970 ganze 36 Jahre später ein Beatles-Album rezensieren würde, absurd! Absurd? Sicher, The Who haben sich zum Duett gestorben und sind mit dem intelligenten Album "Endless Wire" zurück. Ray Davies, Kopf von The Kinks, hat jüngst ein Solo-Album gemacht. The Rolling Stones sind der 'Bigger Bangs' nicht müde. Und Eric Clapton hat sich jetzt mit J.J. Cale auf "The Road to Escondido" verewigt. Die britischen Nachkriegskinder, die mit ihrer Beat-Revolution Konventionen gekippt und liberale Toleranz in der westlichen Gesellschaft verbreitet haben, produzieren sich auch als latent irrelevante Nachrevolutionäre weiter. Aber die Beatles?
Auch die Beatles haben sich zum Duett gestorben. Für das neue Album "Love" haben aber weder Paul McCartney, 64, noch Ringo Starr, 66, das Abbey Road Studio betreten. Nein, diesmal musste der heute 80-jährige ex-Beatles-Produzent George Martin mit Sohn Giles ran. Denn "Love" ist im Prinzip ein Remix-Album. Ausgedacht hatten sich dieses Projekt George Harrison und Guy Laliberté, Gründer des Cirque du Soleil. Vorgabe an die Digitalisierer der originalen Tonbänder: Nur originale Beatles-Aufnahmen dürfen verwendet werden!
Nur einmal machte George Martin eine Ausnahme, die er selbst im Begleittext zu "Love" beschreibt: "Während des Remixes wurde ich angeregt eine Streicherbegleitung zu einer frühen Version von George Harrisons 'While My Guitar Gently Weeps' zu komponieren. Meine erste Streicherbegleitung komponierte ich 1965 für 'Yesterday'. Diese, 41 Jahre später, wird meine letzte sein."
Und was George und Giles Martin hier zum Hören bringen ist zweierlei: Erstens lässt es Kenner der Originale jubeln über den perfektesten Sound, der heutzutage möglich ist. Die reizvolle Hochenergie der Twens erklingt ohne die typischen Klanggrenzen und hohen Rauschpegel der 1960er Jahre; zweitens stelle ich anhand der rund 30 verwendeten Beatles-Songs fest, dass dieser Band bis heute an Kreativität, handwerklichem Können und genialen Ideen eigentlich keine britische Band nahe kommt. Das ist beängstigend, zumal der Schreiber dieser Zeilen kein Beatles-Anhänger ist.
Remixed haben die Sound-Gourmets George & Giles allerdings satt. Das wird den meisten Beatles-Fans sicher nicht munden. Beispiel: "Get Back" beginnt mit einem Riff aus "Hard Days Night" und anderen kleinen Hintergrundsounds aus Beatles-Songs; der Song führt uns direkt in "Glass Onion", das seinerseits in "Eleanor Rigby" gleitet. Hier sind entweder alternative oder remixte Spuren für das Streicher-Intro und die gesamte Begleitung eingesetzt – die Stimmen, die Streicher sind glasklar wie ergreifend. Ähnlich radikal haben die Martins auch alle weiteren Tracks, wie z.B. die Jahrhundertsongs "Strawberry Fields Forever", "Yesterday", "Something", "Lady Madonna", "Hey Jude", "I Am The Walrus" und "All You Need Is Love" bearbeitet. Manche Songs sind in der Tat kaum wieder zu erkennen.
Das 'neue' Beatles-Album dürfte jeder also wegen seines exzellenten Sounds lieben und für die Remixe seiner Lieblingssongs hassen. Warum er es nicht sollte: George & Giles Martin haben die Beatles technisch und ästhetisch ins neue Jahrtausend katapultiert. Das kann man genießen. Mit den Worten der Beatles: "Beep-beep, beep-beep, yeah!"
Wer trotzdem konservativer Hörer bleiben möchte, der greife einfach zum farblich passenden Vorgänger-Album "1", wo 27 Top-Hits der Beatles schlicht 'digitally remastered' erklingen. [vw: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


Permalink: http://schallplattenmann.de/a115249


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