Ausgabe #519 vom 29.01.2007
Rubrik Frisch aus den Archiven
Augusten Burroughs "Krass!"
Gekürzte Lesung – Das Leiden des jungen Augusten unter dem orientierungslosen Aufwachsen mit 1968er Eltern – überaus turbulente Geschehnisse durchschnittlich erzählt, wiederaufgelegt im Fahrwasser des Films
(4CD; Hörverlag)
Es soll ein autobiographischer Roman sein, doch was Augusten Burroughs hier versammelt, kann gar nicht alles selbst erlebt sein. Das ist letztlich egal, denn mit seinem Gebräu aus Drogen, juveniler Orientierungslosigkeit, Unzucht mit Minderjährigen, unzurechnungsfähigen Eltern (er Alkoholiker, sie regelmäßig in der Anstalt) und einem sexbesessen Psychiater mit seiner – untertrieben ausgedrückt – unkonventionellen Familie, hat der Autor genügend Zutaten für eine exzessive Geschichte.
Diese ist über weite Strecken überaus vergnüglich. Doch auch Einfälle – wie die mit dem ausrangierten Elektroschockgerät des Vaters spielenden Kinder, die Mutter, die das Badewasser mit Glasscherben statt mit Badesalz anreichert oder der sein Masturbatorium vorführende Psychiater – können nicht darüber hinwegtäuschen, dass es neben ihrer Plakativität kein Lockmittel gibt, das die Hörenden fesselt. Sprachliche Höhepunkte sind selten, eine Entwicklung der Protagonisten ist nicht vorgesehen.
Dass man sich dem Thema auch anders – literarisch eigenständig und mit sprachlicher Intensität – nähern kann, hat vor kurzem Philipp Djian mit seinem Roman "Die Frühreifen" bewiesen. Wie man durchgeknallte Ereignisse witzig erzählt, führt T.C. Boyle selbst in seinen schlechteren Romanen noch eindrucksvoller vor. Da ist also auch für den Vorleser August Diehl nicht mehr viel zu holen und es verwundert nicht, dass man zwischendurch Ermüdungserscheinungen zu hören scheint. Auch Turbulenz kann also eintönig sein. [ms: @@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
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