#639 vom 10.08.2009
Rubrik Neu erschienen
Melody Gardot "My One and Only Thrill"
Jazz – aus der Tragik eines Verkehrsunfalls
(CD, LP; Verve)
Woher kommen plötzlich all diese wundervollen, lasziven Jazz-Sängerinnen? Cassandra Wilson löste Anfang der 1990er den Boom der Jazz-Frauen aus, Holly Cole spülte die Welle hoch, Dee Dee Bridgewater startete mit 50 Jahren von Frankreich aus neu durch und blieb, Norah Jones multiplizierte die Verkaufszahlen aller, Diana Krall bezaubert uns seit mehr als zehn Jahren. Genial: Madeleine Peyroux. Traumhaft: Anna Ternheim. Begeisternd: Ida Sand, Viktoria Tolstoy, Kristin Asbjørnsen.
Und jetzt Melody Gardot. Klang sie auf ihrem Debüt-Album "Worrisome Heart" bluesig und poppig wie die Londoner Pop-Chanteuse Adele, so schmückt sie ihre Stimme jetzt mit Jazz-Trio, akustischer Gitarre und zartem Orchester. Arrangiert von Altmeister Vince Mendoza. Wieder wünschte ich mir, ich hätte ein Café, nur um dort den Leuten den Tag mit Melody Gardots "My One and Only Thrill" perfekt zu machen.
Perfekt verlief Melody Gardots Leben gerade nicht: Die 1985 in New Jersey geborene Sängerin und Songwriterin wurde 2003 im Straßenverkehr angefahren und schwerst verletzt. Der Täter beging Fahrerflucht. Während ihres Krankenhausaufenthaltes lernte sie neben Klavier noch Gitarre zu spielen. Die kaum 18-Jährige nutzte die Techniken der Musiktherapie, um sich mental zu stärken und vertiefte sich in Jazzgesang. Seit dem Unfall braucht Melody einen Gehstock, kann kaum sitzen, trägt abgedunkelte Brillen – nicht weil sie hip wären, sondern weil sie intensives Licht nicht mehr erträgt.
Erst 2005 bringt sie einige im Krankenhaus entstandene Songs als EP heraus. 2006 folgt das Debüt "Worrisome Heart" – ein sofortiger Erfolg. Ihr zweites Album "My One And Only Thrill" zeigt mehr Facetten: So zart, so verletzlich, so verführerisch.
Woher also kommen plötzlich all diese wundervollen, lasziven Jazz-Sängerinnen? Melody Gardots atemberaubendes Werk entspringt der Tragik eines Verkehrsunfalls. So ist das Leben. [vw: @@@@]
<#616: Anna Ternheim "Leaving On A Mayday"> [dmm:Â @@@]
<#623: Madeleine Peyroux "Bare Bones"> [noi:Â @@@@]
<#625: Cassandra Wilson "Closer To You: The Pop Sides"> [noi:Â @@@]
<#521: Holly Cole "Holly Cole"> [bs:Â @@@@]
<#294: Norah Jones "Come Away With Me"> [bs:Â @@@@]
<#181: Dee Dee Bridgewater "Live At Yoshi's"> [sg:Â @@@@@]
<#624: Diana Krall "Quiet Nights"> [vw:Â @@@@]
<#526: Ida Sand "Meet Me Around Midnight"> [vw:Â @@@]
<#505: Viktoria Tolstoy "Pictures Of Me"> [vw:Â @@@]
<#632: Kristin Asbjørnsen "The Night Shines Like The Day"> [dmm: @@@@]
<#574: Adele "19"> [bs:Â @@@@]
<#584: Jim Beard with Vince Mendoza & The Metropole Orchestra "Revolutions"> [vw:Â @@@@]
<http://twitter.com/mgardot/>
Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:
<#693: Charlie Haden Quartet West "Sophisticated Ladies"> [bs:Â @@@@]
@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight
Permalink: http://schallplattenmann.de/a118287