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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #650 vom 02.11.2009
Rubrik Texte - lesen oder hören

Nick Hornby "Juliet, Naked"

H̦rbuch Рder neue Hornby
(6CD; Hörverlag)

Wer hat an der Uhr gedreht? "A Long Way Down", die Geschichte über vier Selbstmörder, die dann doch lieber leben wollen, ist nicht das neueste Buch von Nick Hornby. Das ist so seit "Slam" 2007 erschien, Hornbys Buch über die Teenie-Elternschaft von Sam & Alicia. Doch, ich merke, du bist ja hoffnungslos out-dated: "Juliet, Naked" noch nicht gelesen? Oder gehört?
Ich habe mir Nick Hornbys neuen Roman in den vergangenen Tagen von Helmut Zierl vorlesen lassen, der seit Jahrzehnten im öffentlich-rechtlichen Boulevard-Fernsehen gestanzte Schmusigkeiten von sich gibt. Als Vorleser von "Juliet, Naked" blitzen seine einzigartige Stimme und sein hinreißendes schauspielerisches Talent auf.
Hornby widmet sich in "Juliet, Naked" dem etwa 40-jährigen Musikfan Duncan und seiner wenig jüngeren Freundin Annie. Seit 15 Jahren sind sie ein Paar. Kinder? Haben beide nie richtig darüber nachgedacht. Für Annie aber ist das Thema noch nicht durch. Während Duncan seine ganze Leidenschaft in die Verehrung eines Musikers steckt: Den seit 1986 nicht mehr aktiven U.S.-Songwriter Tucker Crowe. Annie muss sogar im Urlaub mit in die USA, um legendäre Stationen des Musikers zu besuchen. Doch der bleibt mysteriös untergetaucht. Duncans fanatische Verehrung für Crowe geht Annie endgültig auf die Nerven, als bisher unveröffentlichte Aufnahmen von ihm erscheinen: Duncan hält diese Songs für mindestens so heilig wie die Zehn Gebote, Annie hält sie für Trash. Also beteiligt sich Annie mit einer wohlfeilen Negativ-Kritik in Duncans weihevollem Tucker Crowe-Blog. Plötzlich, nach 23 Jahren der Zurückgezogenheit, meldet sich Tucker Crowe zurück aus der Versenkung. Tucker dankt Annie per Email für ihre vernichtende Kritik, das sehe er genauso. Der Altstar, mittlerweile Vater einer Schar Kinder, beginnt Annie regelmäßig zu schreiben und sie zu mögen, während der ahnungslose Duncan mit einer Arbeitskollegin ins Bett hüpft.
Nick Hornby hat sein "High Fidelity" für Fortgeschrittene geschrieben. Wie ist es, wenn die Musik noch immer im Mittelpunkt steht, aber eben auch eine alte, leicht angesäuerte Liebe? Wie ist es, wenn Kinder den Ton angeben und Eltern versagen? Nick Hornby vermittelt in hinreißenden Dialogen einen authentischen Eindruck davon, bleibt aber – das ist sein Stil – konsequent versöhnlich.
Fühlte ich mich von "High Fidelity" 1995 ertappt, so geht es mir mit "Juliet, Naked" heute nicht anders. Im Unterschied zu damals habe ich heute Kinder, wie Nick Hornby. Einige Kritiker tun die Gemengelagen in "Juliet, Naked" als 'langweilig' oder 'vorhersehbar' ab. Hornby aber ist und war nie Thriller-Autor, nie ausgebuffter Konstrukteur einer Story. Seine Stories sind gern vorhersehbar, auch "Juliet, Naked". Doch das tut der Qualität Hornbys keinen Abbruch. Er ist einer, der uns in die Beziehungskarten schaut, unsere Heldenträume um Fußball, Frauen und Musik sehr charmant entlarvt. Reicht das, um ein großartiger Schriftsteller zu sein? Klaro. Auch in "Juliet, Naked". [vw: @@@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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