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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #660 vom 01.02.2010
Rubrik Live - Musik spüren

Rebekka Bakken, 26.1.2010, E-Werk, Erlangen

Der erste Eindruck der leibhaftigen Rebekka Bakken ist ein befreiender: Die Frau, die da umstandslos zum lockeren Groove ihrer vierköpfigen Band auf die Bühne des aus allen Nähten platzenden E-Werk-Saals schlendert, ist weder die Wellness-Schönheit des ersten Albums ("The Art Of How To Fall", 2003), noch das Glamour-Girl des zweiten ("Is That You?", 2005), auch nicht die personifizierte Coolness des dritten ("I Keep My Cool", 2006) und erst recht nicht die ätherische Hippie-Elfe des jüngsten Werkes ("Morning Hours", 2009). All das sind Inszenierungen, die mit der realen Bakken erfrischend wenig zu tun haben. Wie sie da unbefangen grinsend ins Publikum strahlt und sich mit entwaffnender Selbstironie für ihre in der Tat ziemlich katastrophale Frisur entschuldigt, da muss man sie einfach gern haben: Keine Göttin, sondern eine Frau zum Pferde stehlen.
Auch musikalisch zeigen sich die Lieder der 39-jährigen weitaus geerdeter und direkter als auf ihren teils arg weich gespülten Alben. Mit natürlicher Lässigkeit taucht sie in die bitter-süße Wehmut ihrer Folk-Pop-Songs, in denen der in früheren Jahren weit offensichtlichere Jazz-Einfluss nur noch in Spurenelementen vorhanden ist. Das hier ist gediegene Songkunst amerikanischer Prägung: kleine Beziehungsdramen oder humorvolle Momentaufnahmen wie der knackige Blues "Powder Room Collapse", der die Nöte der Schönheitswahn-geplagten Weiblichkeit mit bissiger Ironie auf den Punkt bringt. Bakken verzichtet weitgehend auf gesangliche Akrobatik, bleibt ganz dicht bei der Aussage der Songs und freut sich über ihre konzentriert und leidenschaftlich aufspielenden Band.
Was allerdings im auf die Dauer etwas gleichförmigen Midtempo-Groove nicht schaden würde, wäre dann und wann ein krasser Tempo- oder stilistischer Richtungswechsel. Zwischen den Songs plaudert sie gut gelaunt über ihre Fernseh-Kindheit mit Fassbinder und Derrick, über die Kompetenz der Erlanger Zahnklinik (und die Attraktivität des Zahnarzthelfers) oder ihre Verehrung für Ludwig Hirsch, den sie während ihrer fünf Jahre als Wahl-Wienerin zu schätzen lernte. Zur allgemeinen Erheiterung singt sie dann doch glatt einen Hirsch-Song – mit original Wiener Schmäh. Keine Frage, die Frau hat mehr Biss, als man ihr zugetraut hätte. Auch ohne Erlanger Dentisten.
(Zuerst veröffentlicht in den Nürnberger Nachrichten) [pg]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


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