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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #702 vom 31.01.2011
Rubrik Kolumne

Blues/Blues-Rock #2

Neues von 'alten Helden' und einer, die es vielleicht mal werden kann. [vl]


Joanne Shaw Taylor "Diamonds In The Dirt"

Blues – frischer Power-Trio-Blues
(CD; Ruf)

"Diamonds In The Dirt"? – Ja, Joanne Shaw Taylor ist wirklich ein echter Rohdiamant, mit ihrer weichen, aber doch für den Blues typischen, leicht rauchigen Stimme. Obwohl einigen Kritikern ihr Erstling "White Sugar" (2009) noch etwas zu zurückhaltend klang, wurde er bei den Blues Music Awards 2010 in der Kategorie 'Best New Artist Debut' nominiert. Und das zu Recht, denn seit dem die 2002 erst 16-Jährige von Dave Stewart (Eurythmics) entdeckt wurde, konnte sie auf Tourneen mit dessen Band ihre eigene Karriere als Gitarristin und vor allem als Sängerin und Songwriterin aufbauen, ohne den Druck in der 1. Reihe stehen zu müssen.
Mit nunmehr 23 Jahren legt sie auf "Diamonds In The Dirt" die Zurückhaltung ab und begeistert mit richtig guter Blues-Gitarre ("Can't Keep Living Like This"), soliden Riff-geladenen Grooves ("Lord Have Mercy") und mit im richtigen Moment weichen Übergängen von der Rhythmus- zur Lead-Gitarre ("Same As It Never Was"). Angetrieben von alten Bekannten aus der Detroiter Blues-Szene, Drummer Steve Potts (Booker T. & The MGs) und Bassist Dave Smith, ist dieses Album insgesamt etwas härter geworden.
Anspieltipp: "Jump That Train". [vl: @@@@]


Kenny Wayne Shepherd "Live! In Chicago"

Blues – authentischer Blues-Rock von einem jungen Wilden der amerikanischen Blues-Szene
(CD; Roadrunner)

Jung und gut aussehend schlägt Kenny Wayne Shepherd die Brücke zu einer neuen, jungen Generation von Blues-Fans, mit ehrlichem, geradlinigem Blues-Rock, direkt aus dem Herzen seiner Heimatstadt Shreveport/Louisiana. Der 33-jährige Shootingstar der amerikanischen Blues-Rock-Szene spielt als Weißer die Musik der afro-amerikanischen Bevölkerung so authentisch wie wenige Musiker – das hat ihm nicht zuletzt zahlreiche Preise (vier Grammy-Nominierungen, zwei Billboard Music Awards) und Millionen verkaufter Alben in den U.S.A. eingebracht.
Zu Recht ist dieses Album für den Grammy Award 2011 'Bestes zeitgenössisches Blues-Album' nominiert – im ehrwürdigen House Of Blues in Chicago wurde ein Set aus eigenen Songs und Klassikern aufgezeichnet, das mit Gästen wie Hubert Sumlin (Howlin' Wolf), Buddy Flett, Bryan Lee, dem genialen Bluesdrummer Willie Big Eyes Smith (Muddy Waters) und Tommy Shannon (Stevie Ray Vaughan) in die Geschichte eingehen wird. Gefühlvoll intonierte 14 Bluesrock-Nummern, technisch brillant gespielte Gitarrensoli, raue charismatische Stimme – Kenny hat den Blues im Blut.
Der Swamp-Blues-Hammer "I'm A King Bee" von Slim Harpo reicht alleine schon zum Kauf dieses Albums, für die restlichen 80 Minuten wird man aus dem heimischen Ohrensessel in die brodelnde Atmosphäre eines Live-Clubs katapultiert. Dieses Album lebt von der einfühlsamen Lockerheit der Musiker, kein elektronischer Firlefanz, das Augenmerk liegt auf dem sehr spontan und improvisiert klingenden Gitarrenspiel. Die zusätzlichen Instrumente, überragend gespielte Mundharmonika und Hammond-Orgel, runden diese, die Seele berührende, relaxte Atmosphäre, die den Blues seit jeher ausmacht, ab und machten diesen Konzertabend zu etwas ganz Besonderem.
Leider ist Kenny Wayne Shepherd nur in den Staaten ein Garant für ausverkaufte Konzerte, aber mit diesem Live-Album im Gepäck wird er sicher auch hierzulande jeden Blues-Club in einen Hexenkessel verwandeln, denn "Live! In Chicago" ist ein unterhaltsames Stück echter und ehrlicher Musikgeschichte. [vl: @@@@@]


Gregg Allman "Low Country Blues"

Blues – die Legende lebt
(CD, 2LP; Rounder)

Ein Gründungsmitglied der Allman Brothers Band und Mitglied der Rock'n'Roll Hall of Fame braucht man natürlich nicht mehr vorzustellen. Doch ein Soloalbum von Gregg Allman nach fast 14 Jahren bedarf immer einer besonderen Aufmerksamkeit – bereits vor Erscheinen wird es mit den für die 'Grammy Awards 2011' nominierten in der Kategorie 'Bestes traditionelles Blues-Album' auf eine Stufe gestellt.
Fans können sich an elf Interpretationen klassischer Blues-Songs von Giganten wie Muddy Waters und B.B. King bis Buddy Guy und Magic Sam erfreuen, beseelt von der Magie Georgias, Gregg Allmans Wahlheimat. Produziert vom Soundtrack-Tüftler T-Bone Burnett, selbst Oscar-, Golden Globe- und Grammy-Preisträger, versucht Allman die verschiedenen Stücke neu zu definieren, in nur elf Tagen so authentisch wie möglich eingespielt: Der elektrische Bass z.B. wurde durch das reine Klangbild des Kontrabasses ersetzt und Dennis Crouch zeigt bei den Aufnahmen, warum er einer der besten Nashville-Bluegrass-Bassisten ist. Orientiert sich "Floating Bridge" noch stark am Original, so ist "Little By Little" schon stärker von Dr. Johns Piano und Allmans Gitarre geprägt.
Die Stärke der einzelnen Stücke bleibt aber die Authentizität, mal klingt Robert Johnson durch, dann wieder die markante, durch und durch Südstaaten-inspirierte Gitarre von Gregg Allman. Herrliche Slide-Gitarre in "I Can't Be Satisfied", gefolgt von dem einzigen Original "Just Another Rider" – ein Sahnestück, das auch einem Allman-Brothers-Album gut zu Gesicht stehen würde, kein Wunder, spielt doch Warren Haynes die Lead-Gitarre. "I Believe I'll Go Back Home": ein beseelt, tief stampfendes Traditional. "My Love Is Your Love", besser kann man den typischen Chicago-Blues von Samuel Maghetts (Magic Sam) nicht interpretieren.
Fazit: Mit diesem Album spielt sich Gregg Allman, nach überstandener Lebertransplantation, wieder zurück in die Blues-Beletage. [vl: @@@@]


Ronnie Wood "I Feel Like Playing"

Blues – Ron Wood liefert ein wahrhaft gutes 'Stones-Album'
(CD; Eagle Rock)

Hut ab, Ronnie kann es also doch noch, nachdem er in letzter Zeit mehr durch die Klatsch- als durch die Musikpresse geisterte. Mit Vergnügen höre ich ein sehr gutes 'Stones-Album', das die nicht gemacht haben, und wie es rockt: Zielsicher mit gewohnt hervorragender Gitarren-Arbeit rockt sich Ron Wood durch alle Stilrichtungen, dabei ist der Sound bis in jeden Winkel der Boxen klar und transparent, sicher auch ein Verdienst des Produzenten Bernard Fowler, der Ron auch gesanglich unterstützt.
Seit sicher zwei Dekaden hat Ron Wood weder solo noch mit den Stones einen so guten Rocker wie "Thing About You" rausgehauen. Es gibt keinen einzigen Ausfall auf diesem Album, es rockt und groovt mit einer musikalischen Dichte, die man bei so vielen unterschiedlichen Musikern nicht unbedingt erwarten darf. Überhaupt Ronnies Gästeliste: Slash, Bobby Womack, Flea (The Red Hot Chili Peppers), Rick Rosas (Neil Young), Billy Gibbons (ZZ Top), Jim Keltner, Ian McLagan (ex-Small Faces), Ivan Neville und Waddy Wachtel (beide von Keith Richards' Expensive Winos) und sein Stones-Kumpel Darryl Jones reichen schon für eine Kaufempfehlung.
Was für ein Höllen-Riff in "I Don't Think So"! Seit "Jumping Jack Flash" oder "Brown Sugar" habe ich kein so unverwechselbares Rolling-Stones-Riff mehr gehört – oder klingt es doch mehr nach 'Stooges mit Iggy Pop'? Als wenn das nicht schon reichen würde, legt Ronnie mit "100 %" gleich noch einen nach. Das einzige Cover, Willie Dixons "Spoonful" übertrifft für meinen Geschmack sogar die Cream-Version. Was die Kollegen Wood, Keltner, Slash, Flea und Neville hier abliefern, ist ein Groove-Monster vor dem Herrn.
Handgemachte Musik, allesamt mit gutem Songwriting, und dank allen Beteiligten auf höchstem Niveau. "I Feel Like Playing" ist sicher keine Über-Scheibe für den Rock-Olymp, aber auch dank der illustren Gästeliste braucht sie keine Vergleiche zu scheuen. [vl: @@@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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