#329 vom 10.02.2003
Rubrik Texte - lesen oder hören
Christine Angot / Annette Kurth "Inzest"
Hörspiel – schäumender Monolog über ein Tabu-Thema
(Audio Verlag)
Mit Hilfe suchender Wut und charmanter Hysterie legt Theater-Star Sophie Rois (Kino: "Die Fünftelbauern", "Der kalte Finger") ihre Rolle in diesem Monolog-Hörspiel an, welches zum Seelen-Pingpong zwischen Wahn, Scham und Begierde gerät. "Inzest", nach dem gleichnamigen Skandalbuch von Christine Angot ("Sujet Angot"), ist im ersten Teil aufreibende Girl-meets-Girl-Story in der Endphase, im zweiten emphatisch-zynische Abrechnung mit dem Vater, und auch mit sich selbst. Wie sehr die verzweifelte Jagd der delirierenden, telefonsüchtigen, erwachsenen Hauptperson C.A. nach Glück (bzw. Liebe) und die als Rückblende angelegte, von der Autorin als 'Buch der Erinnerungen' bezeichnete, demütigende, inzestuöse Vater-Tochter-Beziehung verwoben sind, zeigt dieser ergreifende Monolog. Eine vorzügliche Hörspieleinrichtung durch Annette Kurth ("Frankenstein") und die unverwechselbare, rauchig-brüchige Stimme Sophie Rois' verführen zum Zuhören, machen aber auch betroffen und nackdenklich. [gw]
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