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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #305 vom 29.07.2002
Rubrik Texte - lesen oder hören

Raymond Carver "Gorki unterm Aschenbecher"

Hörbuch: Christian Brückner liest Gedichte eines unerkannten Beatniks
(Parlando)

Als Marcel Reich-Ranicki (möge er noch lange leben) Raymond Carvers Kurzgeschichtenband "Würdest du bitte still sein, bitte" im Fernsehen mit Superlativen einnässte, da war der hierzulande völlig unbekannte und in den USA eher als Geheimtipp kursierende Carver plötzlich ein Name. Und noch dazu hatte Reich-Ranicki mit seinen Superlativen recht. Auch Vorleseratte Nummer 1, Christian Brückner, merkte das. Er nahm sich einiger Kurzgeschichten aus dem Carver-Band an und brachte sie in seinem Hörbuch-Verlag Parlando heraus. Auf seiner dritten Raymond Carver-CD liest Brückner Gedichte aus 28 Jahren. Gedichte? Es handelt sich um Prosafetzen, die auf nie versandte Postkarten hätten geschrieben sein können. Und wie Carvers Kurzgeschichten duften auch seine Minitexte ganz eigen. Weiß man, dass Carver sich fast totgesoffen und totgeraucht hat, dann klingen selbst seine Sätze zum Thema Schlafen existenziell:
"Er hat auf seinen Händen geschlafen. Auf einem Stein. Im Stehen. Auf den Füßen eines anderen stehend. Er hat in Bussen, Zügen, Flugzeugen geschlafen. Im Dienst geschlafen, am Straßenrand, auf einem Sack Äpfel geschlafen. Er hat in einem Münzklo geschlafen. Hat im Theater geschlafen, im Knast, auf Booten..."
1988 starb Carver an Lungenkrebs, gerade 50-jährig. Christian Brückner geht mit den Texten und dem Hörer souverän um, malt für jedes der 59 Schnipsel auf den zwei CDs einen eigenen Spannungsbogen und lässt sich dazwischen jeweils rund fünf Sekunden Zeit. Und trägt uns so von der "Moschee in Jaffa" zur "Geschenkten Zeit".
Fans der Beatniks Jack Kerouac, Allen Ginsberg und der New Yorker Spoken-Word-Autoren Hal Sirowitz und Paul Beatty, auch von Charles Bukowski oder Tom Waits dürften sich an "Gorki unterm Aschenbecher" besonders begeistern. Prädikat: Exquisit. [vw]


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