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[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #321 vom 25.11.2002
Rubrik Feature

Willy DeVille Diskografie

Anlässlich der aktuellen Tour und des dazugehörigen Live-Albums eine Komplett-Übersicht über alle Alben des William Borsay. [pg]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Mink DeVille "Cabretta"

1977
(CD; Capitol)

Mitten im größten Punk-Hype erscheint dieser smarte Schönling auf der Bildfläche, der mit Bombast-Rock zwar genausowenig am Hut hat wie die Sex Pistols, dessen Herz aber ganz woanders schlägt. Schlips und Kragen statt Iro und Hundehalsband, Herzblut und Kampfgeist statt "No Future", Spanish Harlem statt London. "Cabretta" definiert schon eindeutig Willy DeVilles Image und Stil. Das Album ist mitnichten der zaghafte Versuch eines Newcomers, sondern schon vollkommen ausgereift. Jeder Song ein Volltreffer: Aggressive R&B-Brecher wie "One Way Street" oder "Gunslinger" stehen neben knisternden, soulgetränkten Schmachtstücken wie "Mixed Up Shook Up Girl", "Party Girls" oder dem Drifters-Cover "Little Girl". Der Sänger allein mit seinem blutenden Herzen, gesegnet mit einer Stimme, die den Asphalt zum Schmelzen bringt. Nicht zu vergessen der ultracoole "Cadillac Walk", der das blasse Original von Moon Martin völlig überflüssig macht und die Latino-Paradenummer "Spanish Stroll". Jack Nitzsches trockene Produktion tut ihr übriges. Atemberaubend. [pg: @@@@@]


Mink DeVille "Return To Magenta"

1978
(CD; Capitol)

Nur unwesentlich schlechter als das Debut und viel mehr als nur ein Rip-Off. Produzent Nitzsche probt den "Wall Of Sound" seines Mentors Phil Spector und verleiht Willys "Guardian Angel" Flügel. Streicher und Pauken! Ansonsten wieder jede Menge Ghetto-Romantik und einige große Songs wie das schmerzliche "Just Your Friends" oder das fiebrige "Steady Drivin' Man", wild und böse. Dr. John klimpert beim "Easy Slider" und Doc Pomus huldigt dem Neuling in den Liner-Notes als einen der ganz Großen. Recht so. [pg: @@@@]


Mink DeVille "Le Chat Bleu"

1979
(CD; Capitol)

Das Ãœberwerk. Willy lebt kurzzeitig in Paris und sieht die Stadt – natürlich – durch die Brille des unverbesserlichen Romantikers. Die erste Mink DeVille-Besetzung ist Vergangenheit, geblieben ist nur Gitarrist Louis X. Erlanger. Ansonsten spielen Session-Cracks wie Ron Tutt und Jerry Scheff, was der Intensität des Albums aber nicht schadet. Die Rezeptur ist die gewohnte, trotzdem nimmt DeVilles Talent hier beinahe unheimliche Züge an. Die Balladen strahlen in überirdischer Schönheit und die Rocker bersten vor Aggressivität und sexuellem Verlangen. Dazu herrlich schmieriger R&B ("Bad Boy") und Queen Idas Cajun-Klassiker "Mazurka". Der Geist Edith Piafs schwebt schimmernd über den Songs und Willy singt um sein Leben. Definitiv eines der großen Alben des letzten Jahrhunderts, auch wenn das in der Millenium-Bestandsaufnahme der Pop-Presse völlig übersehen wurde. [pg: @@@@@]


Mink DeVille "Coup De Grace"

1981
(CD; Atlantic)

Neues Label und die dritte Mink-DeVille-Besetzung in vier Jahren. Draußen wird Punk zu New Wave, der Synthie-Pop klopft an die Tür und Willy schert's einen feuchten Dreck. Die Musik ist wieder etwas mehr geerdet und Nitzsche produziert etwas luftiger. Die Songs sind einmal mehr Oberliga, ein Tour-De-Force-Ritt durch die verklärte Pop-Romantik der 50er und frühen 60er Jahre. Das Album wirft mit "Love & Emotion", "Maybe Tomorrow" oder "Teardrops Must Fall" wieder etliche DeVille-Klassiker ab. Kenny Margolis Akkordeon und Louis Cortelezzis Saxophon sind das Kirschchen auf der Torte. [pg: @@@@@]


Mink DeVille "Where Angels Fear To Tread"

1983
(CD; Atlantic)

Erste Ermüdungserscheinungen machen sich bemerkbar. Sei es wegen des unübersehbaren Drogenkonsums, sei es wegen des Erfolgdrucks, DeVille schreibt erstmals mittelmäßige Songs. "Each Word's A Beat Of My Heart" ist zwar hübscher Pop, "Demasiado Corazon" ein überaus gelungener Salsa-Versuch und "Lilly's Daddy's Cadillac" gibt gut Gummi, aber vieles wirkt verkrampft und wenig inspiriert. First step on the way down. [pg: @@@]


Mink DeVille "Sportin' Life"

1985
(CD; Polydor)

Die Achtziger schlagen zu. Ein weiteres Mal wurde die Band gefeuert und die Firma gewechselt. Die Produktion ist unerträglich glatt und die Songs nur noch Kitsch, da Willys Vortrag auf einmal die Schärfe fehlt. Die einzigsten Rettungsanker sind das fiese "Italian Shoes" und der schmissige New-Orleans-R&B von "Little By Little". Ansonsten nichts als Wüste. [pg: @@]


Willy DeVille "Miracle"

1987
(CD; Polydor)

Willy zollt dem Umstand Tribut, dass er allein das einzigst konstante Bandmitglied seit Jahren ist und bekennt sich zu seinem Solokünstlertum. Mark Knopfler produziert und spielt Gitarre, was gar nicht so schlimm ist, wie man meinen könnte. Zu glatt klingt das Ganze natürlich, aber immerhin gelingen dem ungleichen Team ein paar Feinerle wie das schmalzige, aber beseelte "Heart And Soul" oder die atmosphärische Spieler-Ballade "Spanish Jack". Nur das Politisieren ("Gun Control", "Southern Politician") hätte er besser bleiben lassen sollen. [pg: @@@]


Willy DeVille "Victory Mixture"

1990
(CD; Sky Ranch)

Wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten: Nach dem kommerziellen Disaster von "Miracle" ohne Plattenvertrag und gebeutelt von den Drogen hat Willy den rettenden Einfall, vom Großstadt-Albtraum New York nach New Orleans zu fliehen. Dort trifft er den Produzenten Carlo Ditta, der ihm anlässlich einer anstehenden Tour mal eben die perfekte Platte auf den Leib schneidert. "Victory Mixture" ist eine Sammlung halbvergessener R&B-Perlen aus dem unerschöplichen Fundus von 'The Big Easy', eingespielt von ortsansässigen Cracks wie Eddie Bo, Dr. John oder Allen Toussaint. Und Willy legt seine beste Gesangsperformance seit fast zehn Jahren aufs Parkett. Einziges Manko: Das Album ist entschieden zu kurz! [pg: @@@@]


Willy DeVille "Backstreets Of Desire"

1992
(CD; East West)

Noch eine Hommage an New Orleans, diesmal hauptsächlich mit eigenen Mitteln. Swamp-Rock, Cajun-Anleihen, schwerer Funk und Mardi Gras sind Willys neues Terrain, auf dem er sich meist stilsicher bewegt. Dr. John adelt als Pianist und Arrangeur das brodelnde "Voodoo Charm" und die Mardi-Gras-Hymne "Jump City". Doch das Album hat auch Schwachstellen: "Chemical Warfare" ist hoffnungslos überproduziert (Kinderchor!!) und "I Call Your Name" ist selbst für Willys Verhältnisse unerträglicher Kitsch. Der einzige kleine Hit des Albums (der erste seit Jahren) spaltet die Gemüter: "Hey Joe" in einer originellen Latino-Version. Musikalisch hinreißend, aber: Was ist so cool daran, seine Frau umzulegen? [pg: @@@]


Willy DeVille "Live"

1993
(CD; Fnac)

Quasi eine "Best Of"-Zusammenstellung im Live-Format und entsprechend vorhersehbar. Einige herausragende Momente gibt es wohl, aber im direkten Vergleich mit den Studio-Versionen werden die Verschleißerscheinungen in DeVilles Stimme nur allzu deutlich. [pg: @@@]


Willy DeVille "Loup Garou"

1995
(CD; East West)

Der frischgebackene Werwolf mit seiner bislang letzten Großtat. Kantiger produziert als "Backstreets..." und durchweg gute Songs. "Runnin' Through The Jungle" ist ein grandioser Abgesang auf die Drogen-Vergangenheit, "When You're Away From Me" klassischer Soul und "Angels Don't Lie" überrascht mit irischen Flöten. Der Titelsong ist eine Verbeugung vor dem frühen Dr. John, dreuend und unheimlich, und "White Trash Girl" ist trashiger, wüster R&B wie in besten Mink DeVille-Tagen. Nicht zu vergessen das ergreifende Duett mit Brenda Lee und das schaurige Vampir-Schlafliedchen "My One Desire". Nur die zweite, spanische Version vom etwas arg kitschigem "Still" ist eine zuviel. [pg: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Willy DeVille "Horse Of A Different Color"

1999
(CD; East West)

Eingespielt in Memphis mit den Dickinson-Brüdern und anderen alten Studio-Hasen. Den Songwriter hat die Muse nicht küssen wollen und die Covers sind arg konfus gewählt. Fred McDowells "Goin Over The Hill" neben "Needles And Pins" neben "Across The Borderline", na ja. Wäre gar nicht so tragisch, wenn der frischgebackene Pferdezüchter nicht so müde klingen würde. Ein paar gute Interpretationen sind dabei, aber die eigenen Songs bleiben nicht hängen. Is this the end of the line? [pg: @@]


Willy DeVille Acoustic Trio "Live In Berlin"

2002
(CD; Eagle Rock)

Nur begleitet vom grandiosen Seth Farber am Klavier und David Keyes am Kontrabass singt sich der Meister mit brüchiger Stimme durch ein Repertoire aus Rhythm&Blues und Soul-Klassikern. Dazwischen Vergessenes aus seinem eigenen Back-Katalog, wie z.B. "Storybook Love" und "Nightfalls" vom Album "Miracle". Die Entschlackungskur wirkt und Ivory Joe Hunters "It's Too Late She's Gone" und Sam & Dave's "Let It Be Me" sind nicht die einzigen Highlights. Trotzdem bedenklich, dass es nach drei Jahren Funkstille gerade mal zu einem Live-Album reicht. Wir warten auf das Spätwerk... [pg: @@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


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