#449 vom 15.08.2005
Rubrik Live - Musik spüren
Yo La Tengo, 10.8.2005, Fabrik, Hamburg
Verwirrend, verworren, laut und gut
Am linken Rand stützt sich Ira Kaplan schmachtend auf sein Mikro, daneben James McNew und Georgia Hubly als Background-Sänger. Beide bewegen sich langsam zur Musik. Zeitlupe eines Tanzes. "Nothing But You And Me" singt Kaplan zum laufenden Tape. Wer jetzt zur vorgerückten Stunde in die Hamburger Fabrik kommt, wähnt sich, wenn es schlimm kommt, bei einer abgehalfterten Boy/Girl-Group. Aber nur kurz. Kaplan & Co. gehen in die Tiefe. Ihre Performance ist ein Gegenentwurf. Ein Gegenentwurf zur eigenen ganz anderen Musik.
Yo La Tengo rocken. So ist Ira Kaplan große Teile des Konzerts aus den hinteren Reihen kaum zu erkennen, beugt sich über seine Gitarre und verschwindet in Feedback-Orgien, die durch wildes Gitarreschleudern in die Höhe getrieben werden. Seine Angetraute, Georgia Hubley, spielt dazu (meist) den Rhythmus fordernd und mit viel Kraft. Sie ist auch am Keyboard und als Sängerin zu erleben – vor allem dann, wenn es langsamer wird (großartig: "Little Eyes"). McNew gibt den typischen Bassisten mit Keyboard-Einschlag. Stoisch, aber immer mit dem richtigen Gefühl für die Ausbrüche des abgedrifteten Chefs; zum Ende des regulären Sets dauert einer fast 20 Minuten. Dann noch Nachschlag, unter anderem mit Vorband The Scene Is Now und deren abgedrehtem Sänger Chris Nelson. Alles ein wenig verwirrend, verworren, aber dennoch immer große Kunst zum aktuellen Best-Of-Album. [hb]
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