Hinweis: Ihr Browser unterstützt nicht alle grundlegenden Web-Standards, und deshalb sehen Sie diesen Hinweis und das Layout nur in Auszügen. Bitte verwenden Sie einen aktuelleren Browser.

Keine Anzeige
LogoSeit 1996: Aktuell und unabhängig!

[ << | Inhalt | >> ]Ausgabe #528 vom 02.04.2007
Rubrik Feature

Klassische Musik zur Osterzeit

Auf leisen Sohlen ist der Frühling nun endlich gekommen und mir wird bewusst, dass wieder einmal die Karwoche ansteht.
Was über Jahrhunderte in der christlichen Welt der spirituelle Höhepunkt des Jahres war, ist heute zum Verkaufsargument für Schokoladeneier geworden. Trotz dieser nahr- und schmackhaften Verweltlichung der Passionszeit gibt es zur Osterzeit regelmäßig interessante Neu- und Wiederveröffentlichungen mit geistlicher Musik. Hier eine aktuelle Auswahl für das Seelenheil. [sal]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Johann Sebastian Bach / Concentus Music Wien, Nikolaus Harnoncourt "Matthäuspassion BWV244"

Klassik – Berauschende, warme und humane Passion (2000)
(3CD; Teldec Classics)

Zwei exzellente Chöre (namentlich der Arnold Schoenberg Chor und die Wiener Sängerknaben), Weltklasse-Solisten (unter anderem Christoph Prégardien, Matthias Goerne, Christine Schäfer und Dorothea Röschmann) und mit dem Concentus Musicus Wien einen Klangkörper, der perfekt die Intentionen des einfühlsamen Dirigenten Nikolaus Harnoncourt umsetzt, machen aus dieser Aufnahme die wohl humanste, wärmste und zuversichtlichste Einspielung der Matthäuspassion von Johann Sebastian Bach (1685-1750).
Harnoncourts Vision der Passion zielt nicht so sehr auf das Leiden (und das schuldhafte Verhalten der darin verstrickten Menschen) ab, sondern auf die daraus resultierende Erlösung. So wird schon der Eingangschor nicht als Klagegesang gestaltet, sondern fast beschwingt, freundlich und zuversichtlich. Gefühlvoll dann die Solisten, verstrickt im Unausweichlichem, aus dem doch das Gute entsteht. Die Protagonisten sind nicht von ihrer Schuld erdrückt, sondern menschlich-fehlerhaft; sie hadern mit ihrer Rolle, aber sie zerbrechen nicht daran. Man kann die Matthäuspassion anders interpretieren, vielleicht sogar ebenso gut, aber gewiss nicht besser.
Als Bonus enthält die Box einen Multimediapart mit der handschriftlichen Original-Partitur von Johann Sebastian Bach samt einiger Anmerkungen. [sal: @@@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Dietrich Buxtehude / Ulrik Spang-Hanssen "Sämtliche Orgelwerke"

Klassik – Sämtliche Orgelwerke Buxtehudes, thematisch auf sechs CDs gegliedert (1990-1993)
(6CD; NCA)

Vielleicht hilft es ja, dass sich der Todestag des dänisch-deutschen Komponisten Dietrich Buxtehude (1637-1707) dieses Jahr zum 300. Mal jährt, um die etwas in Vergessenheit geratene Musik des Barock-Meisters wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Gerade sein umfangreiches Orgelwerk (Buxtehude war selbst ein Meisterorganist) ist viel zu abwechslungsreich, als dass es einfach in Vergessenheit geraten sollte. Niemand Geringeres als Johann Sebastian Bach (1685-1750) zählte Buxtehude zu seinen Vorbildern und in der Tat ist die musikalische Nähe im Orgelwerk der beiden unüberhörbar.
Der dänische Organist (und Jazz-Pianist, sic!) Ulrik Spang-Hanssen spielt die virtuosen Kompositionen auf verschiedenen dänischen, deutschen, niederländischen und französischen Orgeln, ganz den sechs Oberbegriffen der einzelnen CDs angemessen: Advent, Weihnachten, Fastenzeit, Passionszeit, Pfingsten und Trinitas. Dabei gelingt es ihm, die Spannung zwischen den festlichen meditativen Elementen in der Musik Buxtehudes überzeugend zu interpretieren.
Keine Box, die man vom ersten bis zum letzten Track durchhört, aber ein angenehmer Begleiter durch das (Orgel-)Jahr. Die Aufnahmen dieser Box gibt es übrigens auch in anderen, zum Teil preisgünstigeren Editionen. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Johann Sebastian Bach / Thomanerchor Leipzig · Gewandhausorchester Leipzig, Hans-Joachim Rotzsch "Osterkantaten BWV 4 · 31 · 66 · 134"

Klassik – Österliche Kantaten (1977, 1981)
(2CD; Berlin Classics)

Dass es nicht immer nach allen (strengen) Regeln der historischen Aufführungspraxis gehen muss, um überzeugende und glaubwürdige Interpretationen barocker Werke zu erzielen, belegt Hans-Joachim Rotzsch mit dem legendären Thomanerchor Leipzig und dem Weltklasse-Ensemble des Gewandhausorchester Leipzig auf dieser nun wiederveröffentlichten Sammlung von Oster-Kantaten von Johann Sebastian Bach (1685-1750) eindrucksvoll. Die von Chor und Orchester perfekt umgesetzten Partituren gehen hier mit ihrer Eindringlichkeit direkt unter die Haut: So bewegend können Bach-Kantaten also sein.
Diese immergrünen Aufnahmen aus den Archiven des VEB Deutsche Schallplatten-Klassiklabels Eterna bestechen trotz modernen Instrumentariums durch künstlerische Schlüssigkeit und durch exquisiten Klang dank Remastering. Schon alleine wegen der schönen Aufmachung (im weißen Samtschuber) und der herrlichen Aufnahme der Kantate "Christ lag in Todesbanden" (BWV 4) ist dies eine absolut lohnenswerte Anschaffung, nicht nur für die Osterzeit. [sal: @@@@]


Franz Liszt / Martin Haselböck "Die Orgelwerke"

Klassik – Das gesamte Orgelwerk Franz Liszts (2004-2006)
(5SACD+DVD; NCA)

Franz Liszt (1811-1886) ist vor allem für seine furios-virtuose Klaviermusik bekannt; sein umfangreiches Orgelwerk ist dagegen völlig in Vergessenheit geraten. Die sorgfältig produzierten und von Martin Haselböck mustergültig eingespielten Aufnahmen dieser Box schließen nun diese Lücke im Repertoire und belegen eindrucksvoll, dass Liszt, der selbst kein Organist war, sich intensiv mit den Möglichkeiten der Orgel beschäftigt hat, diese mit eindrucksvollem Einfühlungsvermögen ausschöpft und zu den wichtigsten Erneuerern der Orgelmusik in der Romantik gehört.
Ergänzt wird die chronologisch aufgebaute Longbox durch ein umfangreiches Booklet und eine Bonus-DVD, auf der Haselböck Liszts Bezug zur Orgel und die Entwicklung der Kompositionen erläutert. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Johann Sebastian Bach / Berliner Symphoniker, Karl Forster "Johannespassion BWV245"

Klassik – Fritz Wunderlich und Dietrich Fischer-Dieskau als Solisten in der Johannespassion (1962)
(2CD; EMI Classics)

Fernab von allem Bemühen um historische Authentizität liegt diese Aufnahme von Karl Forster mit den Berliner Symphonikern und dem Chor der St.Hedwigs-Kathedrale in Berlin aus dem Jahre 1962. Deren Magie kommt gewiss nicht durch die stark romantische Lesart der Passion zustande, die heutzutage, in Zeiten historischer Aufführungspraxis, etwas antiquiert und sogar unangemessen erscheinen kann. Diese wahrhaft historische Aufnahme (in allerdings hervorragender Klangqualität) besticht durch die herausragenden Solisten Fritz Wunderlich (als Evangelist) und Dietrich Fischer-Dieskau (als Jesus). Wer also Lust hat, die beiden besten deutschen Sänger der Nachkriegsära bei der stets sehr bewegenden 'kleinen' Bach-Passion zu hören, der kommt an dieser Aufnahme nicht vorbei. [sal: @@@@]


Verweise auf diesen Artikel aus späteren Ausgaben:


Johann Sebastian Bach (arr. Robert Schumann) / Rheinische Kantorei · Das Kleine Konzert, Hermann Max "Johannespassion BWV245"

Quelle: http://www.cpo.de/

Klassik – Bachs Johannespassion aus Schumanns Sicht
(2SACD; cpo)

Kaum zu glauben, aber die Musik von Johann Sebastian Bach (1685-1750) war nicht immer fest im Bewusstsein der (deutschen) Öffentlichkeit verankert. Es war Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847), der Bach mit seiner Wiederaufführung der Matthäuspassion 1829 in Berlin für die breite Öffentlichkeit wiederentdeckte. Auch sein Freund und Komponistenkollege Robert Schumann (1810-1856) war ein Bewunderer Bachs und ausgewiesener Kenner dessen Musik. 1851, als Musikdirektor in Düsseldorf, erfüllte er sich seinen lang gehegten Traum und führte die Johannespassion erstmalig auf. Schumann nahm hierfür einige Eingriffe in die Partitur vor, zum einen, um sie behutsam zu 'modernisieren', zum anderen, weil gewisse Instrumente nicht mehr gebräuchlich waren oder weil bestimmte Stimmlagen als Solisten nicht verfügbar waren. Trotz dieser erheblichen Eingriffe gelang es ihm, der Passion ihren eigenen Charakter zu belassen und sie nicht zu sehr zu romantisieren. Tatsächlich wirkt die vorliegende Einspielung um einiges glaubwürdiger, als die bombastischen Aufnahmen auf modernem Instrumentarium aus den 1960er-1980er Jahren.
Ein weiteres Mal nach dem "Messias" von G.F. Händel (1685-1759) in der Bearbeitung von W.A. Mozart (1756-1791) nimmt sich der Dirigent Hermann Max der Bearbeitungen großer sakraler Werke des Barocks durch nachfolgende Komponisten an. Eine sehr interessante Bereicherung der Johannespassion-Diskographie; allemal interessanter als die x-te Einspielung ohne revolutionär neuen Ansatz. [sal: @@@@]


@@@@@ - potentieller Meilenstein: Starlight
@@@@ - definitives Highlight: Highlight
@@@ - erfreuliche Delikatesse: Delight
@@ - solides Handwerk: Solidlight
@ - verzichtbarer Ausschuss: Nolight


(cc) 1996-2016 Einige Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist unter einem Creative Commons Namensnennung-NichtKommerziell-KeineBearbeitung Lizenzvertrag lizenziert. Um die Lizenz anzusehen, gehen Sie bitte zu http://creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/3.0/de/.

http://schallplattenmann.de/artikel.html
Sprung zum Beginn der Seite